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über jiddisch

jiddisch war die sprache in den mittel- und osteuropäischen ghettos seit jahrhunderten, -und wurde jahrhundertelang nur gesprochen. die jiddische schriftsprache war hebräisch und war im liturgischen rahmen die verbindung aller juden in der sprachlichen diaspora. in der isolation der ghettos blieben auf diese weise anklänge des mittelhochdeutschen erhalten, erweitert und bereichert durch dialektfärbungen, slawische einflüsse und eine fülle von hebräischen elementen. erst anfang dieses jahrhunderts (als alle völker europas ein "nationalbewußtsein" entwickelten), wurde auch das jiddische als kulturelle leistung eines volkes anerkannt und in hebräischer umschrift notiert.
beim studium der quellen stieß ich auf eine fülle verschiedener phonetischer umschriften, jeder autor versuchte auf seine weise den jiddischen klang in die buchstaben der deutschen sprache zu bringen, -ein dilemma: entweder ist man "native-speaker" und weiß, wie es klingt, (in wenigen jahren wird es keine mehr geben), oder man nähert sich eben aus suchender distanz. so habe ich auch eine eigene transkription gemacht: mit den buchstaben und phonetischen definitionen der deutschen sprache habe ich versucht, mich dem jiddischen "sound" zu nähern. das "ch" ist dabei immer guttural (wie in "nacht"), das "s" immer ein stimmhaftes "s" (das stimmlose habe ich mit doppeltem "s" notiert). trotzdem bleibt der versuch flickwerk: der singsang der sprachmelodie entzieht sich der schrift mit ihren zeichen.
jiddisch ist eine sterbende sprache; sie stirbt, weil millionen menschen, die sie sprachen, ermordet wurden. die letzten überlebenden sind jetzt noch zu hören. bald wird dieser sprachgesang nur noch akkustische konserve sein.
ben jehuda war der schöpfer des neuen, modernen hebräisch, einer sprache, die im neu geschaffenen staat israel juden aus aller welt vereinen sollte. er hieß mit "bürgerlichem" namen abraham z. idelsohn und war musikwissenschaftler in deutschland, autor einer zehnbändigen melodiensammlung jüdischer weisen aus aller welt. sprache und musik: in dieser person ben jehuda (oder a.z. idelsohn) trifft alles zusammen.
wir deutsche haben eine besondere chance: das jiddische ist unserem sprechen durch eine gemeinsame geschichte hindurch verwandt. wir können ahnen, was gemeint sei, mehr als alle anderen europäischen sprachen. ein faszinosum: unsere väter und mütter haben etwas sehr "eigenes" vernichtet: das singen, das fragen, das ungebändigte fremde, die angst, das unterwegs-sein.
wie also diese sprache ins aktuelle deutsch übersetzen? wort-wörtlich zumeist habe ich schlicht jiddische durch entsprechende deutsche wörter ersetzt, ohne rücksicht auf aktualitäten des sprachgefühls oder auf ansprüche einer "übertragung": das jiddische selbst soll in unseren deutschen ohren etwas ähnliches ahnen lassen. vieles klingt dabei verschroben, altertümlich oder irgendwie "daneben". aber um dieses DANEBEN könnte es vielleicht gehen.

dank sei gesagt an dieser stelle an harry wasmann und seine judaistik-freunde sowie herrn rosenkranz, jiddisch-lehrer an der universität tübingen, für ihre unterstützung.

dieter koller
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